Aktionsbündnis dezentrale Abwasserbehandlung gegründet
(IDA - IKT -IGB)

- Für eine dezentrale und möglichst naturnahe Abwasserentsorgung -

 

Von Sebastian Schönauer, Landesvorsitzender Rothenbuch im Spessart

Im August l998 gründeten der "Bundesverband Interessengemeinschaft Dezentrale Abwasserbehandlung - IDA -", die Bundesvereinigung Interessengemeinschaft für Beitragsgerechtigkeit - IGB - und die IKT das Aktionsbündnis für Dezentrale Abwasserbehandlung in Bayern (ADAB). Das Ziel des Bündnisses ist es, den Beschluß des Bayerischen Landtags vom 15. Februar 1996 umzusetzen, wo es heißt:

"Die Staatsregierung wird gebeten, darauf hinzuwirken, daß künftig - gerade in Ortsteilen - verstärkt kostengünstige dezentrale Einrichtungen der Abwasserentsorgung zugelassen werden, soweit sie wirtschaftlich sind. In solchen Fällen soll die Gemeinde dem Wunsch des Ortsteils nach einer rechtlich selbständigen Einrichtung, soweit möglich und vertretbar, entsprechen."

Der Jubel war in den betroffenen Orten im Freistaat Bayern groß, die zum Teil jahrzehntelang auf die Genehmigung einer dezentralen Abwasserentsorgungsanlage gewartet und dafür gekämpft hatten. Die Verfechter kleinerer, dezentraler Anlagen glaubten sich am Ziel: eine dezentrale und möglichst naturnahe Abwasserentsorgung. Was war in diesen Kommunen geschehen? Die Ausgangslage in den meist ländlichen Gemeinden war (und ist) immer dieselbe. Nicht zuletzt aus finanziellen Gründen heraus überlegten sich viele Bürgerinnen und Bürger in kleineren, meist landwirtschaftlich geprägten Orten, die notwendige und vorgeschriebene Abwasserentsorgung ihrer Höfe und Häuser örtlich, also dezentral zu regeln. Pflanzenkläranlagen, Klärteiche, Kleinkläranlagen auf technisch-biologischer Basis u.a. wurden in die Planungen einbezogen, genau so, wie es der Bayerische Landtag im Februar 1996 dann auch beschlossen hatte. Doch kaum hatte sich örtlich eine Initiative für eine dezentrale Abwasserentsorgung gebildet, kaum hatte sich ein Gemeinderat oder ein Stadtratsgremium mit der Planung einer Pflanzenkläranlage befaßt, begannen auch schon die Schwierigkeiten. Der Bürgermeister verkündete meist sehr schnell - nach "Beratung durch die Fachbehörden" - daß eine dezentrale Abwasserentsorgung zwar grundsätzlich möglich sei, "für unsere Gemeinde aber nicht in Frage komme". Die Begründungen sind wechselweise unterschiedlich. Einmal fehle ein "leistungsfähiger Vorfluter", ein andermal sei die dezentrale Anlage "zu teuer" und "unwirtschaftlich". Das Fazit ist fast immer das gleiche: eine "kostengünstige dezentrale Einrichtung der Abwasserentsorgung", wie es das Parlament formuliert, wird auf Anraten der "Fachbehörden" - wie es so schön heißt - abgelehnt.

Im ersten Aufruf des Aktionsbündnisses heißt es dazu treffend:

"Was haben so Orte wie Schönberg und Münchham (Gemeinde Ering/Inn, Landkreis Rottal-Inn) in Niederbayern, Berg bei Söchtnau (Landkreis Rosenheim). Schöffau/Kalkofen (Gemeimde Uffing, Landkreis Garmisch-Partenkirchen) in Oberbayern, Immelstetten, Salenwang, Lauchdorf, Unteregg und Maria Thann im Allgäu und Dettor in der Rhön gemeinsam?

Es sind alles kleine Orte, landschaftlich reizvoll gelegen, mit langer dezentraler Tradition. Sie sind Teile von größeren Gemeinden, von denen sie mit fadenscheinigen Gründen durch die Gemeindeverwaltung und die zuständigen Wasserbehörden kanalisiert und an das kommunale Klärwerk angeschlossen werden sollen."

Dies, obwohl die Betroffenen oft aufzuzeigen versuchen bzw. sogar noch nachweisen können, daß

Warum erfolgt diese harsche Aussage?

Es liegen ungezählte Darstellungen und Untersuchungen von grundstücksbezogenen oder dorfeigenen modernen Abwasserbehandlungsanlagen vor. Eindeutiges Fazit: Ökologisch mindestens gleich gut, in einigen Parametern sogar wesentlich besser und dabei ökonomisch wesentlich kostengünstiger.

Doch die von den - an großen Anlagen interessierten - Planungsbüros jahrelang auf zentralistische Entsorgung "eingeschworenen" Bürgermeister werden dabei auch noch von der Wasserwirtschaft meist recht einseitig zur Großkläranlage und zum Bau von kilometerlangen Kanälen gedrängt. Viele Kommunen haben so die für ihre Struktur fatale und für die Bürger sehr teure Abwasserentsorgung bekommen.

Ein Umdenken tut not. Wir brauchen neue Wege für die kommunale Abwasserentsorgung im ländlichen Raum. Positive Beispiele gibt es genug. Eines davon möchte ich vorstellen, weil es zeigt, daß es geht und die Gemeinden dabei viel Geld sparen können. Geld, das die Bürger ihnen zahlen müssen.

In einer Meldung in der Passauer Neuen Presse vom 7.4.1998 beißt es: "Der Bayerische Finanzminister Erwin Huber hat bei einem Besuch in Bodenmais (Landkreis Regen) die Kommunalpolitiker ermuntert, sich nicht zu sehr von den Fachbehörden gängeln zu lassen. Solcher Widerstand gegen die Fachbehörden hat der Gemeinde Bodenmais rund 17 Millionen Mark gespart.

Die Gemeinde hat von einer Kläranlagen-Planung abstand genommen, die Baukosten von rund 24 Millionen Mark vorhergesagt hatten. "Gegen den Widerstand der Fachbehörden haben wir ein anderes Planungsbüro beauftragt und dessen Konzept realisiert", so Bodenmais` Bürgermeister Fritz Wühr. Das Ergebnis der Alternativ-Planung arbeitet seit einer Woche: Bodenmais hat jetzt eine Kläranlage, die alle Vorgaben erfüllt - und sie hat "nur" sieben Millionen Mark gekostet. "Ein schönes Beispiel, wie Kommunalpolitiker sparsam wirtschaften können", sagte der Finanzminister Erwin Huber und forderte die Kommunalpolitiker auf, Mut zu zeigen gegenüber den Fachbehörden, die des öfteren überzogene Forderungen stellen würden."

Deutlicher kann man es nicht sagen. Bereits im September 1997 hieß es in der bayerischen Presse unter der Überschrift "Abwasser-Vereinfachung versickert in Bestimmungen bayerischer Bürokratie - Glücks Forderung nach kreativem Umdenken stößt auf Wider- stand:

"Es ist jetzt eineinhalb Jahre her, da hat CSU-Chef Glück mit Stolz verkündet, der Landtag habe die Abwasserentsorgung im ländlichen Raum vereinfacht "Kreatives Umdenken" in Fachbehörden haben Glück und sein Abwasserexperte Xaver Bittl angemahnt. Unter anderem schwor man die Entscheidungsträger darauf ein, bei abgelegenen Ortsteilen verstärkt auf dezentrale Lösungen zu setzen, die häufig billiger kommen, als der Anschluß an zentrale Kläranlagen.

"Sogar "innovative Verfahren" müssen im Interesse der Kostensenkung so rasch wie möglich zum Einsatz kommen" hieß es in der Presseerklärung der CSU-Fraktion. "Einfache, kostengünstige Entsorgungseinrichtungen seien das Gebot der Stunde, z.B. Pflanzenkläranlagen."

Eine große Rolle spielen dabei immer wieder die meist einseitig auf zentrale Entsorgung fixierten "Empfehlungen der Abwassertechnischen Vereinigung" - ATV -, die in anderen Bundesländern längst nicht mehr als "Evangelium" betrachtet werden. Die Begründung für die Ablehnung einer dezentralen Abwasserentsorgungsanlage wechseln je nach "Bedarf".

In einem der unglaublichsten Fälle wurde eine Pflanzenkläranlage vom Wasserwirtschaftsamt abgelehnt, obwohl sie 120.000 DM billiger war, als der Anschluß an die Großkläranlage. Die obskure Begründung war, daß die Wartung und die Klärschlammuntersuchung der Pflanzenkläranlage - hochgerechnet auf 25 Jahre (!) dann 420.000 DM Mehrkosten ergeben würde. Der damalige Vorwurf der Bürger, daß diese Zahlen ein Lügengebäude seien und es eine "miese Manipulation" sei, für eine Pflanzenkläranlage, die kaum Wartung benötigt, zwei (!) Klärwärter einzuberechnen, wurde von der "Kanallobby vor Ort" übergangen. Die eindeutig teurere Lösung wurde durch diesen "kommunalen Betrug", wie es vor Ort heißt, durchgeboxt. Die Bürger zahlten die Zeche.

Die IKT Bayern hat sich deshalb entschlossen, die Gründung des "Aktionsbündnisses für dezentrale Abwasserbehandlung in Bayern" zu betreiben, um so den betroffenen Gemeinden und Ortsteilen eine qualifizierte Hilfe geben zu können und um politisch endlich den Beschluß des Bayerischen Landtags zur Umsetzung zu bringen, "künftig - gerade in Ortsteilen - verstärkt kostengünstige dezentrale Einrichtungen der Abwasserentsorgung zuzulassen".


Bearbeitet am: 08.04.01