B. Wichtige Änderungen für die kommunale Abwasserbeseitigung durch die 6. WHG-Novelle

 

I. Anforderungen an das Einleiten von Abwasser

Die Anforderungen an die Einleitung von Abwasser werden neu konzipiert:

 

1. Einführung des allgemeinen Anforderungsniveaus ,,Stand der Technik" § 7a

a) Bisherige Rechtslage

Nach der alten Rechtslage wurde zwischen den "allgemein anerkannten Regeln der Technik" und dem ,,Stand der Technik" differenziert. Die allgemein anerkannten Regeln der Technik galten für Abwasser, das nicht mit gefährlichen Schadstoffen belastet war, die strengeren Anforderungen nach dem ,"Stand der Technik" galten für Abwässer mit gefährlichen Schadstoffen. Diese Anforderungen galten nicht unmittelbar kraft Gesetzes, sondern nur aufgrund einer untergesetzlichen Umsetzung durch die Rahmen-Abwasserverwaltungsvorschrift.

Begriff:

Unterschiede:

 

b) Neue Rechtslage

aa) Allgemeines Anforderungsniveau ,,Stand der Technik"

Durch die Novellierung des § 7a WHG wird nun allgemein der Stand der Technik als Anforderung für das Einleiten von Abwasser in das Abwasserrecht eingeführt, die frühere Differenzierung entfällt.

§ 7a Abs. 5 enthält jetzt eine eigene Definition des Standes der Technik, wonach Stand der Technik der Entwicklungsstand technisch und wirtschaftlich durchführbarer fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen ist, die als beste verfügbare Techniken zur Begrenzung von Emissionen praktisch geeignet sind. Die vom Bundestag geforderte Berücksichtigung der wirtschaftlichen. Vertretbarkeit wurde vom Vermittlungsausschuß abgelehnt.

Im übrigen ist die grundlegende Norm für die Errichtung und den Betrieb von Abwasserbehandlungsanlagen § 18 b WHG, der jetzt folgende Fassung erhalten hat:

,,Abwasseranlagen sind so zu errichten und zu betreiben, daß die Anforderungen an das Einleiten von Abwasser insbesondere nach § 7a eingehalten werden. Im übrigen gelten für die Errichtung und den Betrieb von Abwasseranlagen die allgemein anerkannten Regeln der Technik"

bb) Konkretisierung der Anforderungen durch neue Abwasser-VO

Durch den neuen § 7a Abs. 1 WHG wird die Bundesregierung ermächtigt, die Anforderungen, die dem Stand der Technik entsprechen, durch Rechtsverordnung festzulegen. Den Entwurf einer entsprechenden Abwasserverordnung hat das BMU bereits vorgelegt. Diese VO soll die bisher geltenden allgemeine Rahmen-Abwasser-Verwaltungsvorschrift sowie andere Verwaltungsvorschriften über Mindest-anforderungen an das Einleiten von Abwasser ersetzen.

Wichtig für die kommunalen Abwasserentsorger ist vor allem der Anhang 1 der VO über häusliches und kommunales Abwasser. 
Durch diesen Anhang werden die Anforderungen des bisherigen Anhangs 1 der Allgemeinen Rahmen-Verwaltungsvorschrift über Mindestanforderungen an das Einleiten von Abwasser in Gewässer im Grundsatz unverändert übernommen. Von Bedeutung ist dabei auch, daß die mit diesem Anhang festgesetzten Anforderungen dem derzeitigen Stand der Technik bereits entsprechen. Der Verordnungsgeber (also die Bundesregierung) ist daher der Auffassung1 daß eine Verschärfung der Anforderungen gegenüber dem geltenden Anhang 1 der Rahmen-AbwasserVwV nicht erforderlich sei, da sich im Bereich der kommunalen Abwasserentsorgung bereits in der Vergangenheit die allgemein anerkannten Regeln der Technik und der Stand der Technik weitgehend angeglichen haben. Mit dem Anhang würden somit keine grundsätzlich neuen Anforderungen festgesetzt. Insgesamt seien daher Auswirkungen auf Kosten und Preise nicht zu erwarten. (so die Begründung der Bundesregierung zu dem VO-Entwurf, Stand 8. Mai 1996, S. 49)

 

2. Anforderungen an das Einleiten stehen unter einem dreistufigen Verhältnismäßigkeitsvorbehalt

Die Festlegung der Einleitungsanforderungen steht nach der 6. WHG-Novelle unter einem dreistufigen Verhältnismäßigkeitsvorbehalt:

1. Stufe:

In der neuen Definition des Standes der Technik (§ 7a Abs. 5, siehe oben) wird der Stand der Technik unter Verwendung von Kriterien definiert, die dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Rechnung tragen (insbesondere Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkte).

2. Stufe:

Für die Nachrüstung von Altanlagen werden darüber hinaus abweichende Anforderungen festgelegt, soweit der Aufwand hierfür unverhältnismäßig wäre (§ 7a Abs. 2 WHG).

3. Stufe

Bei der Anpassung der Erlaubnisbescheide im Einzelfall ist nochmals zu prüfen, ob die Durchsetzung der gesetzlichen Anforderungen verhältnismäßig ist. Diese 3. Stufe der Verhältnismäßigkeitsprüfung wird durch eine Ergänzung des § 5 Abs. 1 WHG eingeführt, wonach zusätzliche Anforderungen im Einzelfall unzulässig sind, wenn diese unverhältnismäßig sind.

 

II. Abwasserbeseitigungspflichtiger

1. Bisherige Rechtslage

Nach § 18a Abs. 2 WHG (alt) i.V.m. den Landeswassergesetzen obliegt die Abwasserbeseitigung als pflichtige Selbstverwaltungsangelegenheit den Kommunen. Diese rechtliche Ausgestaltung der Abwasserbeseitigungspflicht bedeutet, daß die Kommune sich dieser Aufgabe als solcher bisher grundsätzlich nicht entledigen kann.

Möglich ist allerdings, daß die Gemeinden sich zur Durchführung der Abwasserbeseitigung Dritter bedienen. Der Dritte wird also mit der Durchführung der Abwasserbeseitigung betraut, es wird ihm jedoch nicht die Abwasserbeseitigungspflicht selbst übertragen. Der Dritte erlangte dann den Status eines Erfüllungsgehilfen oder eines Verwaltungshelfers.

Das heißt:

2. Neue Rechtslage:

Die Neufassung des § 18a regelt diese Möglichkeit der Einschaltung eines Erfüllungsgehilfen nunmehr ausdrücklich. Diese Regelung dient lediglich der Klarstellung, da die Zulässigkeit der Inanspruchnahme von Dritten als Verwaltungshelfer bereits nach allgemeinem Verwaltungsrecht zulässig ist. Zudem sind diesbezügliche Regelungen bereits in vielen Landeswassergesetzen enthalten.

Daneben sieht die Novelle erstmals die Möglichkeit vor, daß die Aufgabe der Abwasserbeseitigung selbst unter bestimmten Voraussetzungen auf einen Dritten übertragen werden kann. Ein solcher »Dritter kann auch ein kommunales Unternehmen sein. Damit kann erstmals im Abwasserrecht die Aufgabenverantwortung selbst auf einen Dritten übertragen werden (ähnlich wie nach dem bereits in Kraft getretenen Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz).

Das heißt:

Die Möglichkeit der Aufgabenübertragung auf Dritte bleibt entsprechend der Rahmengesetzgebungskompetenz des Bundes allerdings den Ländern überlassen. Die Länder können demnach in ihren Landeswassergesetzen regeln, daß eine öffentlich-rechtliche Körperschaft ihre Abwasserbeseitigungspflicht ganz oder teilweise auf Dritte übertragen kann.

Die ursprünglich im Gesetzentwurf des Bundestages vorgesehene Verpflichtung der Länder, die Übertragung der Aufgabe auf Private zu regeln, wurde aus verfassungsrechtlichen Gründen vom Bundesrat abgelehnt und deshalb auch vom Vermittlungsausschuß verworfen. Somit besteht keine Verpflichtung der Länder die Aufgabenübertragung auf Dritte zu ermöglichen, sie können die Aufgabenübertragung vorsehen müssen dies aber nicht. Eine Übertragung der Abwasserbeseitigungspflicht auf Private ist erst möglich, wenn die Länder in ihren Wassergesetzen entsprechende Ermächtigungsgrundlagen geschaffen haben.


Letzte Aktualisierung: 21.01.00