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Abwasserbehandlung
Der dornige Weg zur Nachhaltigkeit in der Abwasserbehandlung - am Beispiel Neue Bundesländer
(in Anlehnung an einen Artikel von Volker Lüderitz, Burkhard Kuhn, Elke Eckert und Uta Langheinrich)
In den letzten Jahren sind in den neuen Bundesländern beträchtliche Erfolge bei der Verbesserung der Güte von Fließgewässern erreicht worden. Dies wurde verursacht durch den massiven Zusammenbruch ostdeutscher Industriebetriebe und durch Investitionen in die betriebliche Abwasserbehandlung der überlebenden Betriebe und im angrenzenden Ausland. Die umfangreichen Investitionen auf dem kommunalen Abwassersektor für den großstädtischen Bereich haben punktuell auch etwas verbessert, die extrem kostenaufwendigen Maßnahmen im Abwasserbereich der dünn besiedelten Fläche aller neuer Bundesländer trugen überhaupt nicht zur Verbesserung bei. Verantwortlich dafür ist technisches und politisches Missmanagement, gänzliche Ahnungslosigkeit der Entscheidungsträger, nicht eingetretene wirtschaftliche Entwicklungen, Fehlplanungen und offene Korruption. Eine überhaupt nicht an den ökologischen Notwendigkeiten orientierte Förderpraxis haben in allen Bundesländern viele Abwasserzweckverbände und Gemeinden in eine wirtschaftlich sehr komplizierte Situation manövriert.
Dezentrale Modelle zeigen seit Jahrzehnten, wie nachhaltige Abwasserpolitik und -technik funktioniert. Zahlreiche regionale Eigeninitiativen aufgeweckter Bürger unterstützen und befördern diesen Prozeß aktiv.
Staatliche Instanzen behindern den Prozess konsequent. Neben Gesetzesänderungen, Managementunterstützungen für Verbände, Umschuldungen, hoher illegaler Teilentschuldungen wirken sich besonders Überplanungen irritierend und systemverzerrend aus. Sie prolongieren das Ableben archaischer Organisationsstrukturen (die Zweckverbände sind so überflüssig wie ein Kropf).
1. Situation
Nach heute oft angelegten Maßstab der Gewässergüte konnte in der ehemaligen DDR bezüglich der Fließgewässer von Gewässerschutz kaum die Rede sein. Eine Behandlung von kommunalen und industriellen Abwässern fand danach entweder gar nicht oder auf einem nicht einmal der ökonomischen Leistungsfähigkeit des politischen Systems entsprechenden Niveau, also nur in den wenigsten Fällen gemäß dem Stand der Technik statt. Aufgrund dieser falschen Analyse schien es dann folgerichtig, daß nach der Herstellung der staatlichen Einheit Deutschlands ein großer Teil der öffentlichen Umweltschutzinvestitionen in den kommunalen Abwasserbereich floß.
Tatsächlich
wurden seit 1990 erhebliche Minderungen der Gewässerbelastung
erreicht (Tab. 1 nach [11), wofür zu Beginn der 90er Jahre
allerdings massive Stillegungen von Industriekapazitäten
verantwortlich waren, was sich aus jedem Gewässergütebericht
in jedem neuen Bundesland und aus der beigefügten Tab. 1
zweifelsfrei ergibt.
Diese Aussage steht in merkwürdigen Kontrast zu der Beobachtung, dass der gesamte Gewässersektor (Gewässergüte, Gewässerstruktur, Auenbereich etc) in der DDR flächig sicher weniger gestört war als im westdeutschen Sektor. Beleg dafür: mehr als 80% der Fauna und Flora, die als Rote Liste Kandidaten gelten und im westdeutschen Teil weitestgehend ausgerottet sind, sind hier noch großflächig vorhanden. Fischotter, Biber und Storch legen dafür beredt Zeugnis ab. Dies zeigt uns, dass die Fixierung auf den einen Parameter Gewässergüte schon etwas komisches, psychopathologisch Krankhaftes hat. Das heißt nicht, dass wir leugnen, dass Gewässerabschnitte punktuell sehr verschmutzt waren (natürlich je nach Einleiter).
Es
ist auf erhebliche Fehlentwicklungen durch die fehlende Analyse des
Abwassersektors in dem Bereich hinzuweisen. Diese traten in den neuen
Bundesländern hauptsächlich im ersten Drittel der neunziger
Jahre ein; sie und ihre Folgen sind bis heute nicht überwunden.
Die nachfolgenden Zahlen für das Beispielland Sachsen Anhalt sprechen für sich: In den Jahren 1990 bis 1997 wurden von der öffentlichen Hand Fördermittel in einer Höhe von insgesamt 1 222 250 TDM für die Lösung der Abwasserprobleme zur Verfügung gestellt. Davon entfielen 55% auf Landes-, 38 0/o auf Bundes- und 7 % auf EU-Mittel. Zusätzlich reichte die Landesregierung in den Jahren 1994 bis 1998 an in besonders großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten befindliche Abwasserzweckverbände (sogenannte "Sanierungsverbände") insgesamt 282 113 TDM Sanierungs- und Liquiditätshilfe aus, die de facto als nicht rückzahlbare Kredite zu verstehen sind. Jedoch ist die Belastung der Verbände mit Zins- und Tilgungsleistungen bereits so hoch, daß letztgenannte Mittel fast ausschließlich zur Aufrechterhaltung der Liquidität ohne außerordentliche Rückführung der Verbindlichkeiten - benötigt werden. Für die Jahre 1999 bis 2003 werden nach Ermittlung der Landesregierung [2] allein zur Erhaltung der Zahlungsfähigkeit von Trägern der Abwasserentsorgung Sanierungsmittel in Höhe von rd. 228000 TDM benötigt. Der Bedarf für eine echte Sanierung der verschuldeten Verbände wird mit 868000 TDM angegeben - eine vom finanzschwachen Land Sachsen-Anhalt im Grunde genommen nicht aufzubringende Summe.
In einigen Zweckverbänden erscheint die Situation schier aussichtslos: Der Schuldenstand ist so hoch, daß allein die Zins- und Tilgungszahlungen das Gebührenaufkommen beträchtlich übersteigen. Als Beispiel sei ein Wasserverband in der Altmark genannt. Dieser Verband hat von 1991 bis 1998 25 304TDM Fördermittel und von 1994 bis 1998 63 288 TDM Sanierungsmittel erhalten. Trotzdem betrug sein Schuldenstand Ende 1997 186145 TDM, an Zinsen und Tilgungen wurden 14 008 TDM fällig. Das Gebührenaufkommen betrug aber nur 8574 TDM.
Etwa mit Beginn des Jahres 1993 begann die wirtschaftliche Situation der Aufgabenträger auf die Verbraucher durchzuschlagen. Von einigen Verbänden wurden Bescheide über Anschluß- und Errichtungsbeiträge in einer Höhe von bis zu 80 TDM je Wohngrundstück - 25 bis 30 TDM waren häufig verschickt. Gebühren stiegen teilweise um das Doppelte und Dreifache auf bis zu 15 DM/m³.
Dies
rief 1993/1994 massive und berechtigte Proteste der betroffenen
Bürger, die sich dazu in Bürgerinitiativen mit insgesamt
mehreren Tausend Mitgliedern organisierten, hervor. Ihnen gebührt
letztlich das Verdienst, die Anstöße zum Umdenken,
Umplanen und Umhandeln (s. Kapitel 3 und 4) gegeben zu haben.
Andererseits führten sie aber auch dazu, daß vielerorts
jahrelang gar keine oder viel zu geringe Beiträge und Gebühren
erhoben wurden, so daß die aufgelaufenen Verluste über
Zinszahlungen nun zusätzlich die Verbände und damit
zahlungspflichtige Bürger belasten. Dies zeigt, dass ein
echtes Umdenken, eine Systemanalyse, die auch in ein verändertes
Handlungsmuster mündet, nicht stattfand. Beleg für diese
harte Aussage ist auch, dass nirgendwo Funktionsträger der
Bürokratie zur Rechenschaft gezogen wurden.
Die von den meisten Landtagen eingesetzten Ausschüsse zur Lösung der Abwasserproblematik entwickelten sich zu zahmen Papiertigern. Sie mußten feststellen, daß die Situation im einzelnen durch folgende Mißstände und Fehlentscheidungen (Beispiel Sachsen Anhalt) geprägt ist:
In zahlreichen Gemeinden und Abwasserzweckverbänden wurden Anlagen zum Fortleiten und Behandeln von Abwasser ungenügend vorbereitet und deshalb nicht bedarfsgerecht und dabei im Regelfall weit überdimensioniert geplant und gebaut.
Zentralen und großtechnischen Lösungen wurde auch im ländlichen Raum zu oft der Vorrang vor siedlungsspezifischen und naturnahen Verfahren eingeräumt.
Aufgrund von technischen Fehlplanungen und Fehlinvestitionen ergaben sich für Gebühren und Beiträge im Abwasserbereich oftmals Größenordnungen, die sozial unverträglich sind [3].
Für diese Fehlentwicklungen sah der oben genannte Ausschuß, der seine Arbeit auch in der 3. Legislaturperiode seit Oktober 1998 fortsetzt, folgende Faktoren als ursächlich an:
Die zu wenig differenzierte Übertragung von Lösungsstrategien aus den alten Bundesländern zur Bewältigung der gravierenden Abwasserprobleme, welche die DDR hinterlassen hatte.
Die durch die Politik der damaligen Landesregierungen (bis 1994 - Anmerkung der Autoren) und der Bundesregierung maßgeblich beförderte Überschätzung wirtschaftlicher Wachstumseffekte von Seiten zahlreicher Kommunalpolitiker.
Die Aufkündigung einer großzügigen Förderpraxis im Abwasserbereich, weiche sich in der Realität als nicht finanzierbar und nicht realisierbar erwies. (Die effektiven Fördersätze sanken von etwa 60% zu Beginn der 90er Jahre auf etwa 10% im Jahre 1998 Anmerkung der Autoren).
Die oftmals mangelnde fachliche Kompetenz in den Abwasserzweckverbänden und die Mängel in den Fach- und Kommunalaufsichtsbehörden.
Die behördlichen Vorbehalte gegenüber siedlungsspezifischen naturnahen Lösungen aufgrund des Fehlens einschlägiger Bundes- und Landesrichtlinien.
3. Schlußfolgerungen
Im Landtag:
Im Anschluß an diese Analyse beschloß der Landtag [31 u.a. folgende abwasserpolitische Veränderungen: - "Zukünftig ist die Ausreichung von Fördermitteln ausschließlich für solche Vorhaben vorzunehmen, die nachweislich die finanziell günstigste, wirtschaftlich effektivste und ökologisch verträglichste Variante der Abwasserbehandlung beinhalten.
Da die Ressentiments der Behörden insbesondere gegenüber dem dauerhaften Einsatz naturnaher Abwasserbehandlungsanlagen hoher und höchster Dezentralitätsgrade in der Praxis bestehen blieben, ergänzte der Landtag seinen Beschluß im Februar 1997 wie folgt [3]:
Die Landesregierung ist beauftragt, die restriktive Praxis bei der Genehmigung siedlungsspezifischer Abwasserbehandlungsanlagen zu beenden und dahingehenden Einfluß auf die Oberen Wasserbehörden zu nehmen.
Siedlungsspezifische und dezentrale Abwasserbehandlungseinrichtungen sind, insofern sie dem Stand der Technik entsprechen, als dauernde Lösungen zu akzeptieren und zuzulassen.
Die Abwasserzielplanung des Landes ist in diesem Sinne zu überarbeiten. Dabei sind gewässerökologische Anforderungen spezifischer als bisher und im Gesamtzusammenhang von Gewässergüte, Ökomorphologie sowie Natur- und Landschaftsschutz festzulegen.'
Der Bürger:
Wenn klar ist, dass die Strukturen der Abwasserbehandlung nicht angemessen sind (Weltbankbericht), muß man die Strukturen verändern. Im Klartext heißt dies:
Abschaffung der ungeeigneten Strukturen, d.h. der Zweckverbände und zentralen Klärwerke
Abschreibung der übergroßen Systeme nach marktwirtschaftlichen Prinzipien.
Kommunen haften nicht für falsche Strukturen und Fehlplanungen des Landes
Abstrafung der beteiligten Bürokraten nach rechtsstaatlichen Grundsätzen (§266 StgB)
Aufbau eines neuen, nachhaltigen Systems der Abwasserbehandlung
Dezentrale Grundstrukturen nach dem Subsidiaritätsprinzip haben Vorrang
Einstellung jeder Förderung (Es darf kein gutes Geld falschen Strukturen hinterhergeworfen werden)
Beamte und Politiker, die diesen Prinzipien zuwider handeln, werden nach §266 zur Rechenschaft gezogen. Sie organisieren die mittelbare Verelendung des Volkes!
Letzte Aktualisierung: 09.04.01
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