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Planen und Bauen

Seite 36 und 37

Bayerisches Landwirtschaftliches

Wochenblatt

 20. Mai 2000

Heft 20


Es gibt genügend Gesetze und Richtlinien, die zum Beispiel fordern, dass Abwasser am "Ort des Anfalls" gereinigt werden sollte oder dass beim Bau einer Kanalisation übermäßige Kosten vermieden werden sollten. Bei manchen Wasserwirtschaftlern und Gemeindeoberen scheinen solche Texte in der untersten Schublade zu verschwinden. Ein Lichtblick ist, dass die Widerstände gegen dezentrale Kläranlagen trotzdem allmählich aufbrechen. Die Vorzeigebeispiele werden immer mehr - hier zwei neue.

Abwasser im Boden klären 

Zwei neue Pflanzenkläranlagen in Ober- und Niederbayern

Auffallend hell hebt sich der Kies der Klärbeete vom dunklen Grün der umgebenden Weiden ab. Die Pflanzenkläranlage des Weilers Niederstraß im Rupertiwinkel, Landkreis Berchtesgadener Land, macht noch einen recht unfertigen Eindruck. Doch der Schein trügt. Seit November letzten Jahres klären die drei Becken die Abwässer der 30 Einwohner. Die Klärleistung hielt der ersten Untersuchung bereits stand, obwohl die kalte Jahreszeit für den Start einer solchen Anlage eher ungeeignet ist. Lediglich die Ammoniakwerte waren noch leicht erhöht.

Franz Eder, Landwirt, Initiator und treibende Kraft des Anlagenbaus, erklärt: "Bei der Pflanzenkläranlage reinigen nicht Pflanzen das Wasser, sondern Bakterien. Das Röhricht hat lediglich die Aufgabe, die Poren in Sand und Kies freizuhalten, damit die Bakterien genügend Sauerstoff bekommen." In Bälde wird die Dorfgemeinschaft die Beete mit regionalen Schilfrassen bepflanzen, da diese an die örtlichen Klimabedingungen angepasst sind. Eder klärt noch über ein weiteres Vorurteil auf: "Jeder Kanaldeckel stinkt mehr als eine Pflanzenkläranlage."

Die Anlage, die für 40 Personen geplant ist, besteht aus zwei mit Folien abgedichteten Becken mit einer Größe von 14,50 mal 5,00 Metern, die als Vertikalfilter dienen. Diese Beete haben ein Gefälle von einem Prozent und sind mit 60 Zentimeter gewaschenem Sand (Korngröße: 0 bis 4 Millimeter) und darüber ebenso hoch mit gewaschenem Kies (Korngröße: 4 bis 8 Millimeter) aufgefüllt. Damit das Schmutzwasser im Winter nicht einfriert, liegen die Verteilerrohre in einem Abstand von etwa sechs Zentimetern über den Beeten. Wichtig für die Klärwirkung ist, so Eder, dass das Schmutzwasser in Intervallen eingeleitet wird. Deshalb pumpt die Anlage, gesteuert durch einen Schwimmer, jeweils 250 Liter Schmutzwasser aus dem vorgeschalteten Sammelschacht in die Verteilerrohre. Das Schmutzwasser verteilt sich über die Beete und sickert gleichmäßig ein. Das zeitweilige Austrocknen der Beete erhöht die Sauerstoffzufuhr.

Von den Vertikalfiltern fließt das Wasser in ein etwas kleineres drittes Beet, den Horizontalfilter. Dieses Beet hat zwei Prozent Gefälle und ist ähnlich aufgebaut wie die Vertikalfilter, nur etwas flacher (40 Zentimeter Sand und darüber 25 Zentimeter Kies). Danach sammelt sich das geklärte Wasser in einem Schacht, um von dort intervallmäßig in Drainageschläuche zur Versickerung gepumpt zu werden.

Diese Schläuche sind in Kies gebettet, auf einer Fläche von 150 Quadratmetern verlegt und mit Mutterboden bedeckt. Im Sommer verdunstet, so Eder, der größte Teil des Wasser bereits in den Klärbeeten. 

Die gesamte Anlage errichteten die Dorfbewohner, die sich zur "Interessensgemeinschaft Pflanzenkläranlage Niederstraß zusammengeschlossen haben, in Gemeinschaftsarbeit. "Das schweißt zusammen", kommentiert Eder die Aktion. In zwei Tagen waren die Beete unter Aufsicht des Planers Michael Germann-Bauer aus Teisendorf fertiggestellt. Hauptarbeit waren danach die Kanalanschlüsse an die Anwesen. Die Anlage hat nach Angabe des Planers eine Lebensdauer von 50 Jahren, dann müssen Sand und Kies ausgetauscht werden. Für zwanzig Jahre einwandfreien Betrieb gibt es sogar Garantie.

Insgesamt hat die Pflanzenkläranlage mit den Anschlüssen bis zu den Klärgruben 52 000 Mark gekostet. Im Vergleich dazu hätte das Dorf beim Kanalbau durch die Gemeinde trotz 60 Prozent öffentlicher Zuschüsse 63 000 Mark Gebühren für den 'Anschluss bis zur Grundstücksgrenze zahlen müssen. Die Baukosten legt die Interessengemeinschaft auf die Geschossflächen der Nutzer um, die laufenden Kosten rechnet sie pro Person ab.

Vor allem bei den Folgekosten werden die Dorfbewohner Geld sparen. Während die öffentliche Abwassergebühr bereits bei 2,40 Mark pro Kubikmeter angelangt ist, mit steigender Tendenz, gehen die Beteiligten der Pflanzenkläranlage von 50 Pfennig je Kubikmeter aus. Die laufenden Kosten der Anlage ergeben sich aus der Pacht für das Grundstück von 100 Mark im Jahr, etwa 100 Mark Stromkosten für die Pumpen und der vorgeschriebenen jährlichen Untersuchung für 80 Mark. Einmal in der Woche macht Franz Eder einen Kontrollgang. Zusätzlich müssen die Dreikammer-K1ärgruben der vier Familien jährlich geleert werden. Dabei fallen pro Familie etwa drei bis vier Kubikmeter Schlamm an. Die Entsorgung kostet 55 bis 60 Mark je Kubikmeter. Allerdings können die drei Landwirte des Ortes den Schlamm nach einer Untersuchung auch aufs Feld ausbringen.

Und dann hat Eder erreicht, was er wollte: "Der Dreck bleibt da, wo er erzeugt wird.
Trotz eines laufenden vereinfachten Flurbereinigungsverfahrens in der Gemeinde Straß musste die Interessensgemeinschaft auf Förderung verzichten. Die Begründung: Es sei kein Geld da. Dabei stehen Bürgerengagement und günstige Nahversorgung auf der Prioritätenliste der Aufgaben der Direktion für Ländliche Entwicklung. Immerhin konnten die Beteiligten die Leitungsrechte kostenlos ins Grundbuch eintragen lassen.

Außer der günstigen Abwasserentsorgung hat sich für Franz Eder aus seinem Engagement ein Nebeneffekt ergeben. Neben der Bewirtschaftung seines Demeter- Milchviehbetriebs berät er nun andere Landwirte beim Bau von Kleinkläranlagen, vor allem in Österreich. Seinen Nebenerwerb nennt er "Ihr Partner bei Pflanzenkläranlagen, Hilfe bei Planung, Bau und Wartung".

Einen Motor wie Franz Eder braucht es praktisch bei jeder solcher K1äranlage, um das Projekt erfolgreich durchziehen zu können. In den Dörfern Kollnberg und Thurmannsdorf in der Gemeinde Fürstenstein im Bayerischen Wald war der Bauer Heribert Mader. Er konnte die Haus- und Hofbesitzer in den beiden Ortsteilen davon überzeugen, dass eine gemeinsam gebaute Pflanzenkläranlage wesentlich billiger kommen würde als eine herkömmliche Kläranlage, selbst wenn beim Eigenbau keine Zuschüsse fließen.

1995 hatte die Gemeinde für die 80 Einwohner der beiden Ortsteile ein Kläranlagen-Konzept angedacht, das an die 800 000 DM verschlungen hätte. Besonders den Besitzern der betroffenen landwirtschaftlichen Anwesen schmeckten an diesem Konzept die hohen Erschließungsbeiträge von einigen 10 000 Mark nicht. Die Ortsgemeinschaft suchte daraufhin nach möglichen Alternativen und stieß auf die von dem Kulmbacher Landscha£tsarchitekten Hermann Hugel geplante Schilfkläranlage in Hohenhäusling in Oberfranken. Im November 1998 war man fest entschlossen, für Kollnberg/Thurmannsdorf ebenfalls eine solche Schilfkläranlage zu bauen. Die Dorfgemeinschaft stellte bei der Gemeinde Fürstenstein einen "Antrag auf Errichtung einer eigenständigen Schilfkläranlage mit Übertragung der kommunalen Aufgabe zur Abwasserreinigung an die Dorfgemeinschaft". Im Februar stimmte die Gemeinde dem Antrag nach längerer Beratung einstimmig zu.

Die Planungs- und Bauvorbereitungsarbeiten begannen dann im April 1999, und während der Sommermonate wurden weitgehend in Eigenleistung die Klärbecken gebaut und die Abwasserleitungen von den angeschlossenen Häusern zur Kläranlage hin verlegt. Insgesamt waren rund zwei Kilometer Kanalleitung erforderlich. Die bei den Häusern vorhandenen Dreikammer-Gruben blieben als Schlammfang erhalten.

Erschwerend kam wegen der hügeligen Lage hinzu, dass das Abwasser der beiden Ortsteile nicht zu einem zentralen Punkt geführt werden konnte. So besteht die Gemeinschafts-Kläranlage jetzt aus zwei Teilen. Die Schilfkläranlage für den Ort Thurmannsdorf hat zwei Pflanzenbeete mit einer Größe von je 22,00 mal 5,00 Metern und einen zusätzlichen Teich, für die Einwohner von Kolmberg gibt es etwas entfernt ein weiteres Pflanzenbeet.

Seit Oktober 1999 sind alle 18 Anwesen angeschlossen. Das Landratsamt Passau erteilte im Dezember 1999 nach nur zweimonatiger Bearbeitungszeit die wasserrechtliche Bewilligung. Die Anlage konnte auch bereits über den letzten Winter die geforderten Abwasserwerte erreichen. Dennoch ist die Dorfgemeinschaft, die die Anlage jetzt als gemeinnütziger Verein betreibt, noch nicht ganz zufrieden, denn der Bewilligungsbescheid des Landratsamts enthält einige Auf lagen, die nach Meinung von Heribert Mader nicht erforderlich wären. Beispielsweise soll die Beetfläche auf fünf Quadratmeter je Einwohner vergrößert werden, obwohl die erforderlichen Klärleistungen auch mit den jetzt vorhandenen Flächen nachgewiesen werden können. Ebenfalls vorgeschrieben ist eine Entleerung der Dreikammer-Gruben im zweijährigen Turnus. Diese Schlammbeseitigung wollen die Landwirte selbst übernehmen.

Erst so ließen sich auch niedrige Folgekosten realisieren. Man rechnet mit Betriebskosten von etwa zehn Pfennig pro Kubikmeter Abwasser. Gekostet hat die komplette Anlage rund 84 000 Mark einschließlich der etwa 17 500 Mark anrechenbarer Eigenleistung. Die Kosten wurden zu gleichen Teilen auf die angeschlossenen Häuser umgelegt, so dass pro Anwesen knapp 5000 Mark zu zahlen waren. 

 

ELISABETH JAHRSTORFER

 FRANZ WITTMANN


Bearbeitet am 23.11.00

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