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Otto
Baronky, |
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Schöffau im März 2001 Überarbeitet am 17.04.03 |
Dezentrale Abwasserbehandlung:
„Pflanzenkläranlagen eine kostengünstige und dezentrale Alternative zur herkömmlichen Abwasserbehandlung.“
„Der ländliche Raum braucht bei der Abwasserbehandlung Lösungen die dem Leitbild einer nachhaltigen Raum- und Siedlungsentwicklung entsprechen, die von der Umweltkonferenz 1992 in Rio verabschiedet wurden und dabei das gewaltigen Zukunftsproblem Trinkwasserknappheit angeht.“
Manch einer ist betroffen durch unmittelbare und drängende Forderungen der Wasserbehörden, sein Abwasser ordnungsgemäß zu entsorgen. Das meint zumeist den Anschluß an eine Kanalisation und eine zentrale Kläranlage.
Doch was in diesem Bereich v.a. in den neuen Bundesländern vor sich geht, spottet oft jeder Beschreibung und macht die Wut vieler Bürger verständlich, die für die Trinkwasserver- und Abwasserentsorgung zum Teil mit Haus und Hof bezahlen sollen. In Berlin-Brandenburg sind mittlerweile ein Drittel der Abwasserzweckverbände defacto pleite.
In Bayern fordert der oberste Bayerische Rechnungshof seit Jahren vergeblich eine Änderung der Zuschussrichtlinien.
Zwar wurden am 15.2.1996 durch den Landtag weitreichende Beschlüsse zur verstärkten Zulassung dezentraler Anlagen verabschiedet, denn der Landtag war überzeugt, dass jährliche Einsparungen von über 300 Millionen DM möglich sind, ohne dass es zu Qualitätseinbusen bei der Abwasserentsorgung kommt.
Jedoch sind diese Beschlüsse weitestgehend in der Wasserwirtschafts-Bürokratie Bayerns versickert und kosten den Vertretern dieser Behörden meist nur noch ein leichtes Lächeln, wenn sie von Bürgern und Kommunalpolitikern vor Ort eingefordert werden.
Gerade auf dem Land sind die Anschlußbeiträge und Abwasserpreise oft um ein Vielfaches höher als in der Stadt. Dies muß jedoch nicht zwangsläufig so sein.
Dem Land darf nicht ohne Rücksicht auf ökologisch und finanzielle Auswirkungen eine Technologie aus der Stadt übergestülpt werden.
Der ländliche Raum braucht bei der Abwasserentsorgung Lösungen, die umwelt- und sozialverträglich sind, sowie dem Leitbild einer nachhaltigen Raum- und Siedlungsentwicklung entsprechen, welches in der Agenda 21 der Rio-Konferenz für Umwelt und Entwicklung formuliert wurde.
Eine möglichst dezentrale Abwasserentsorgung erhöht ebenso wie die kommunale Versorgung mit Trinkwasser den Handlungsspielraum der Gemeinden und erlaubt so selbständiges Handeln.
Die dezentralen Lösungen weisen dabei folgende Vorteile auf:
Sie können naturnaher angelegt werden (besonders Pflanzenkläranlagen) und haben Biotop-Charakter.
Auf dem Land entfallen meist 70 Prozent der Kosten auf die Kanalisation und 30 % auf die Kläranlage.
Auf dem Land lassen sich durch kurze Kanälen oft bis zu zwei Drittel der Kosten sparen – gegenüber einer zentralen Lösung mit langen Kanälen.
Die Stoffkreisläufe können leichter geschlossen werden (Klärschlamm-kompostierung mit anschließender landwirtschaftlicher Nutzung).
Stärkung der Eigenverantwortung der Bürger durch den „kleinen Kreislauf“ des Wassers: Man achtet stärker darauf, das Wasser sauber zu halten.
Möglichkeit das Abwasser nach der Reinigung wieder zu verwenden z.B. zur Toilettenspülung, Gülleverflüssigung oder zur Gartenbewässerung („Abwasserfreies Haus“).
Das gewaltige Zukunftsproblem „Trinkwasserknappheit“ kann angegangen werden: durch Wiederverwendung bzw. Verrieselung nach der Reinigung, statt seiner Ableitung in die Flüsse und von dort in die Meere, wird der Grundwasserspiegel nicht gesenkt.
Da dezentrale Maßnahmen kostengünstiger sind, können gleichzeitig mehr Maßnahmen durchgeführt werden. Diese Entflechtung ist ein wünschenswerter Nebeneffekt, da es im deutschen Abwasserwesen immer wieder zu Korruptionsskandalen kommt.
Eine Eingrenzung von Seuchen z.B. von Maul- und Klauenseuche (MKS) ist durch die dezentrale Entsorgung automatisch vorgegeben. Während die Zentralkanalisation die Gefahr für eine großflächige Ausbreitung extrem erhöht.
Durch Pflanzenkläranlagen wird die Keimfracht des Abwassers so stark abgebaut, daß Badewasserqualität erreicht wird. Normale technische Anlagen auch in Zentralklärwerken können dagegen die Keimfracht nur unwesentlich reduzieren und tragen damit zur hochgradigen Verkeimung unserer Flüsse bei.
Krankheitserreger werden mit der klassischen Klärtechnik der Zentralkläranlagen nicht reduziert, sondern im großen Stiel ausgebreitet, was der rasante Anstieg von Antibiotikaresistenzen in Kläranlagenabläufen und Gewässern beweißt.
Als Hindernisse für eine dezentrale Entwicklung sind zu nennen:
Zwar wurden das Wasserhaushaltsgesetz und die Ländergesetze geändert, jedoch ohne wesentliche Auswirkungen für die Praxis.
An der Deutschen Abwasserwirtschaft sind die Entwicklungen der letzten Jahre nahezu spurlos vorübergegangen („kennen wir nicht, haben wir noch nie gehört und da könnte ja jeder kommen“).
Der Abwasserbereich ist ein kleiner Bereich, in dem sich so gut wie alle untereinander kennen – Planer, Baufirmen und die Leute von der Aufsichtsbehörde die kontrollieren und Zuschüsse verteilen.
Es herrscht die Mentalität vor: Der „Kuchen“ wurde bisher immer unter uns verteilt und je höher die Bausumme umso höher die Honorare und Gewinne.
Neue kostengünstige Verfahren sind deshalb meist unerwünscht, mit den Normenausschüsse (z.B. ATV) kann man die neuen Verfahren erst einmal auf Jahre hin blockieren.
Haupthindernis ist die bestehende staatliche Förderpraxis, die einen sparsamen Umgang mit Bürger- und Steuergeldern nicht belohnt.
Die Mentalität des Normalbürgers, der mit seinen „selbstproduzierten Nährstoffen“ nichts zu tun haben möchte.
Das Umweltbundesamt schreibt zur Antibiotikresistenz:
„Wir können die Warnsignale sprunghaft ansteigender Antibiotikaresistenzen in den Gewässern nicht länger ignorieren. Wir können auch nicht ignorieren, dass wir in Deutschland mit dem flächendeckenden Anschluß der Bevölkerung an Kanalisation und an Kläranlagen (ungewollt) ein System errichtet haben, das sich zur idealen Ausbreitung von Stoffen eignet, die in Kläranlagen nicht entfernt werden. Krankheitserreger, Antibiotikaresistenzen, Arzneimittelreste, hormonell wirkende Stoffe in kleinsten Konzentrationen, Umweltchemikalien sind Beispiele für solche Stoffe.“ (19.1.1999)
Eine Expertenkommission der Weltbank gelangt zu einem wenig erfreulichen Ergebnis im Hinblick auf die deutsche Wasserwirtschaft:
Der Glaube, man könne Probleme mit viel Geld lösen (buy-your-way-out-of-the-problem), sei äußerst gefährlich, weil er Effizienz und Innovation untergrabe.
Ebenso gefährlich sei es, technische und finanzielle Realitäten zu ignorieren.
Um die grassierenden Probleme politischer Patronage und der Ineffizienz in den Griff zu bekommen, müßten wirksame Anreiz- und Verantwortlichkeits-strukturen geschaffen werden.
Hinter den zum Teil überzogenen und weder ökologisch noch ökonomisch sinnvollen Forderungen der Wasserwirtschaft vermutet die Weltbank „(..) besonders starke Lobby-Gruppen, die von dieser Mentalität unwahrscheinlich profitieren.“
Fazit:
Die Zentralkanalisation verursacht viele finanzielle und ökologische Probleme. Gutartiges häusliches Abwasser wird in Großanlagen mit Problemwässern gemischt, der Klärschlamm damit zum Problem, die Schwermetall-, Phosphat- und Nitratbelastung nicht beachtet, die Verkeimung unserer Flüsse durch immer resistentere Keime und Krankheitserreger, sowie die Ausbreitungsgefahr von Seuchen ignoriert.
Auch ist die Verhältnismäßigkeit auf dem Land in keinster weiße mehr gegeben, wenn man bedenkt, daß der Abwasserwert einer Hochleistungskuh mindestens 30 Einwohnergleichwerte beträgt und in Orten mit z.B. 300 Einwohnern für die Abwasserentsorgung der menschlichen Fäkalien zumeist über 3 Millionen DM (also für das Abwasser von 10 Kühen) ausgegeben werden.
Trotzdem wird weiter fleißig kanalisiert, zum Teil mit Zwangsvollstreckung und Polizeieinsatz gegen die eigene Bevölkerung.
Wer sich die Mühe macht und in diesem Rand-, Kernbereich tiefer eindringt, wird erschrecken, hat aber auch die Chance das Deutschland des Jahres 2001 besser zu verstehen. Es mag schmerzhaft sein, aber es ist der aktuelle Zustand unseres Landes, der nur noch nicht in allen Bereichen so deutlich zu Tage tritt.
Hoffen wir trotzdem, daß sich eine dezentrale Abwasserentsorgung mit leistungsfähigen Anlagen, Feuchtgebieten und Klärschlammkompostierung durchsetzt – zum Nutzen für unsere Umwelt, den Geldbeutel des einfachen Bürgers und für möglichst viele eigenverantwortliche, lebendige Gemeinschaften in unserem Lande.
Sie können Ihren Beitrag dazu leisten, in dem Sie sich dem Aktionsbündnis (ADAB) anschließen.
Schöffau
im März 2001
Überarbeitet am 17.4.03
Otto Baronky, ödp-Mitglied
Kreisrat in Garmisch-Partenkirchen von 1990-2002
Gemeinderat in Uffing am Staffelsee von 1996-2002
Letzte Aktualisierung: 25.04.03 |