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Quelle: IDA

 

Mai 1999


Leitlinien für ein nachhaltiges, zukunftsorientiertes
Wasser- und Abwassermanagement

Was alle angeht, können alle nur gemeinsam lösen! (Dürenmatt)

 

  1. Die Belastungsmomente der Gewässer müssen analysiert, und nach ökologischen Kriterien gewertet werden. Dabei muß eine differenzierte Betrachtung und Wertung einzelner Belastungsursachen erfolgen. Verursacherbezogenheit und Wertung der landwirtschaftlichen Bodenbelastung gehören hier ebenso dazu wie die der industriellen Produktion und Belastungen durch Verbrennungsprozesse. Eine Entlastung der Gewässer darf nicht zur Belastung von Boden oder Luft führen (z. B. bei der Klärschlammbehandlung)

  2. Die Betrachtung muß zu einem flächendeckendem Gesundheits- und Gewässerschutz führen. Die Maßnahmen sind mindestens auf das Flußeinzugsgebiet abzustellen (quantitativer und qualitativer Schutz). Dazu könnte die Schaffung eines Berufsbildes "Flußmeister" gehören.
         Die bisherige Fixierung auf den Wasserchemismus muß einer integrierten Betrachtung des Gewässers (Flußbett, Ufer, Aue und Bewuchs) weichen.

  3. Es muß ein gesellschaftlicher Konsens und nicht nur die kodifizierte Bestimmung bestehen, daß Gewässer vor menschlicher, vermeidbarer Beeinträchtigung zu schützen sind. Natürlich gehört dazu die entsprechende lnformation und Vermittlung in Schule und Medien. "Das institutionelle Prinzip - Wassererschließung und Wassermanagement - sollte auf einer Mitwirkung von Benutzern, Planern, und politischen Entscheidungsträgern auf allen Ebenen beruhen, wobei die Entscheidungen möglichst auf der untersten Ebene zu treffen sind".
         Das bedeutet, daß das Prinzip der Subsidiarität als Grundlage für örtliche oder regionale Entscheidungsprozesse stärkere Beachtung findet. Es darf nicht durch eine unkritische Bereitstellung von Fördermitteln oder durch einen falsch verstandenen Solidaritätsbegriff außer Kraft gesetzt werden. Verwaltungen müssen die Verständigung über Nachhaltigkeit und nachhaltige Entwicklung als Ziel und Selbstorganisationsprozeß in den Kommunen befördern.
         Dies schließt ein, daß die vorhandenen Gesetze, Vorschriften und Regelungen in ihrer originären Zielstellung begriffen und - wo nötig - aktualisiert werden. (z.B.: der Abwasser begriff, die §15 und 16 der GO; der § 9 der GemHVO; die Broschüren der Umweltministerien; die LAWA Leitlinie zur Durchführung von Kostenvergleichsrechnungen; die Leistungsprofile einzelner Stufen der HOAI.

  4. Die dezentrale, grundstücks- oder gruppenbezogene Abwasserbehandlungsanlage in der modernen Ausführung, bei der der kleine Wasserkreislauf beachtet wird, erfüllt die o. a. ökologischen Kriterien. Hierbei entstehen i.d.R. keine Kosten für die Gemeinden oder die Allgemeinheit, für den Grundeigentümer meist nur ein kleiner Teil der Kosten einer zentralen Lösung.

  5. In ländlichen Räumen müssen naturnahe Verfahren unter Einbeziehung der Systemkomponenten Boden und Pflanze verstärkt zur Anwendung gebracht werden. Dezentrale Bodenfilter-Kläranlagen ermöglichen eine entstehungsnahe Abwasserreinigung. Sie sind bezüglich der Hygienisierung der Kläranlagenabläufe den üblichen konventionellen Anlagen überlegen, werten das Wohnumfeld und das Landschaftsbild auf und fördern die Betrachtung des Abwassers als Sekundärrohstoff sowie dessen Kreislaufführung. Ferner ermöglichen sie bürgernahe, eigenverantwortliche Regelungen. Das abwasserfreie Grundstück ist als politisch gewollte und fachlich mögliche Lösung bei der Schmutzwasserreinigung zu fordern.

  6. Die sogenannte zentrale Abwasserbeseitigung widerspricht einem nachhaltigen Wassermanagement. Sie zerstört die natürlichen Wasserkreisläufe und ist landschaftsschädigend. (Stichworte: Enorme irreversible Stoffverluste in die Meere, schlechtere Grundwasserneubildung, erhöhtes Hochwasserpotential.

  7. Die bisherige zentrale Abwasserbeseitigung bringt weder Gewässer- noch Gesundheitsschutz. Sie ist ineffizient und kostentreibend. Weder die Hygieneanforderungen des Bundesseuchengesetzes (§ 12) noch die Ziele des Wasserhaushaltsgesetzes (§ la) und des Grundgesetzes (Art. 20a) lassen sich damit erreichen. Dies wird durch einen Anstieg antibiotikaresistenter Mikroorganismen in den Gewässern und andere ökotoxikologisch sehr bedenklichen Stoffe mit Hormonwirkung belegt, die derzeit alle über Kläranlagen in die Gewässer eingetragen werden.

  8. Die zentralen Klärwerke müssen daher umgebaut worden. Statt des herkömmlichen Belebtschlammverfahrens mit anschließender Sedimentation ist als technisches Verfahren die Membranmikrofiltration als Wasserbehandlungstechnologie wegen des erhöhten Gesundheitsschutzes, des geringen Flächen- und Raumbedarfs und geringster Klärschlammbildung einzusetzen.
         Es ist - auch wenn es zum jetzigen Zeitpunkt kaum vorstellbar ist - bereits heute vor aufwendigen Kanalrekonstruktionen zu prüfen, ob alternativ zur Wiederherstellung des Kanals der Einsatz modernster Gruppenkläranlagen nicht kostengünstiger ist. Zielgerichtet ist ein System präventiver Kontaminationsbarrieren zu schaffen.

  9. Aufgrund der Fehlentwicklungen in der öffentlichen Abwasserbehandlung ist von weiteren Investitionen in eine falsche Technologien ebenso abzusehen wie von staatlichen Zuschüssen für derartige Bauvorhaben. "Eine Förderung mit öffentlichen Mitteln sollte nur für zukunftsorientierte, umweltverträgliche und kostengünstige Lösungen erfolgen." (Abschlußbericht Projekt A 5.29 der Länderarbeitsgemeinschaft Wasser/ LAWA 1996/97: "Gestaltung von Abwasserbehandlungsanlagen im ländlichen Raum, S. 116)

  10. Die EU - Richtlinie zur "Behandlung kommunalen Abwassers" (91/271 ) wie die z. B. darauf fußenden Kommunalabwasserverordnung der Länder verpflichtet die Kommunen im § 12 zur Wiederverwendung des gereinigten Abwassers. Dies muß praktisch umgesetzt werden. "Das gereinigte Abwasser kann zur Toilettenspülung, für Kühlsysteme, für die Gartenbewässerung, zur Stützung des Wasserhaushaltes von Oberflächengewässern bzw. Feuchtgebieten, die Grundwasseranreicherung durch Verregnung in niederschlagsarmen Regionen u. a. verwendet werden" (LAWA 1996/97: S. 121).

 

Augsburg, Wiershausen, im Mai 1999
Ingenieurökologische Vereinigung IÖV, 86150 Augsburg
Bundesverband IDA Interessengemeinschaft Dezentrale Abwasserbehandlung,

37589 Wiershausen


Bearbeitet am: 08.04.01

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